Begriffserklärung – Negativer Einlagenzinssatz bei der EZB

EZB und die GeldpolitikDer Einlagenzinssatz ist definiert als der Zins, den die Geschäftsbanken für eine Anlage ihrer überschüssigen Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) erhalten. Der Einlagenzins beträgt derzeit 0 Prozent, das bedeutet, die Geschäftsbanken bekommen für eine Einlage bei der EZB keine Zinsen.

Doch wie wirkt sich der Einlagenzins auf die Wirtschaft aus und welche Auswirkungen hat ein negativer Einlagenzins auf die Einlagenfazilität der Geschäftsbanken?

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Die Einlagenfazilität steuert die Geldmenge

Wenn Geschäftsbanken überschüssige Liquidität bei der Europäischen Zentralbank anlegen wollen, enthalten sie wie jeder Privatanleger für seine Geldanlage einen Zins als Vergütung. Mit der Hinterlegung bei der EZB sinkt die im Umlauf befindliche Geldmenge. Zieht nämlich eine Geschäftsbank vorhandene Gelder aus dem Verkehr und legt sie an, reduziert sich das Geld, dass sie Privat- und Geschäftskunden als Kredite zur Verfügung stellen könnte. Die Hinterlegung solcher Gelder wird als Einlagenfazilität bezeichnet. Ihre Beeinflussung durch eine Anhebung oder Reduzierung der hinterlegten Gelder ist ein geldpolitisches Instrument, mit dessen Hilfe die Zentralbank die im Umlauf befindliche Geldmenge steuert. Geht der Zins für die Einlagenfazilität gegen Null, erhält eine Geschäftsbank keinerlei Zinsen mehr für ihre angelegte Liquidität.

So wirkt der Einlagenzins

So wirkt die Geldpolitik auf den EuroDer Einlagenzins der EZB hat für eine Geschäftsbank ähnliche Auswirkungen wie der Zins auf Tages– und Festgelder für private Anleger: Je höher die Rendite, desto attraktiver ist die Geldanlage. Erhält eine Bank nun aber einen Einlagenzins von 0 Prozent, hat sie keinerlei Anreiz, überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank zu hinterlegen. Noch vor dem Beginn der Finanz- und Bankenkrise in den Jahren 2007 und 2008 haben Banken ihre überschüssige Mittel vorzugsweise anderen Geschäftsbanken zur Verfügung gestellt. Diese konnten damit die Kreditnachfrage befriedigen, im Gegenzug hatte der Kreditnehmer einen recht hohen Zins für das ausgeliehene Geld zu zahlen. Doch mit der aufkommenden Finanzkrise schien das Vertrauen der Banken zu sinken, und in der Folge schwand auch die Bereitschaft, sich untereinander Geld für Kundenkredite zu leihen. Weitaus häufiger hinterlegte man Geld über Nacht bei der EZB und erhielt dort auf die Einlagenfazilität zwar einen geringen, aber sicheren Zins. Der aktuelle Zinssatz von 0 Prozent auf angelegte Gelder führt dazu, dass Banken keinerlei Rendite mehr aus hinterlegten Geldern erwirtschaften. Dennoch sind die bei der EZB gehaltenen Einlagen weiterhin auf einem hohen Niveau. Dem Kreditmarkt stehen solche Gelder allerdings nicht zur Verfügung.

Konsequenzen eines negativen Einlagenzinses

Würde die EZB den Einlagenzins auf unter 0 Prozent senken, käme dieser negative Einlagenzins einem Strafzins für die Banken gleich. Er müsste von den anlegenden Banken gezahlt werden, weil sie ihre Liquidität nicht zur allgemeinen Kreditvergabe zur Verfügung stellen, sondern bei der EZB hinterlegen. Mit einem negativen Einlagenzins soll also letztlich die Kreditvergabe an Privatkunden und die Vergabe von Krediten der Banken untereinander gestärkt werden. Letztlich soll mit dieser Maßnahme der Geldpolitik vor allem der Interbankenmarkt wieder belebt werden.

Eine Maßnahme mit öffentlicher Bedeutung

Einen neuen Weg wagenIn der breiten politischen und öffentlichen Meinungsbildung wird die Möglichkeit negativer Einlagenzinssätze noch eine Weile diskutiert werden. Der Einlagenzins ist mit dem Leitzins verknüpft. Er liegt im April 2014 weiterhin unverändert niedrig bei 0,25 Prozent und sorgt damit für günstige Kredite. Immer wieder wird aber eine weitere Senkung des Leitzinses als geldpolitisches Mittel der EZB diskutiert. Wäre dies der Fall, hätten Banken überhaupt kein Interesse mehr daran, Geld auf dem Geldmarkt anzulegen. Weitaus attraktiver wäre es, Liquidität sicher und kurzfristig bei der EZB zu hinterlegen. Lediglich die Einführung eines Strafzinses in Form eines negativen Einlagenzinses könnte diesem Verhalten entgegenwirken. Dann wäre es für die Geschäftsbanken uninteressant, ihr Geld bei der EZB als Einlagenfazilität anzulegen, da hierfür eine Strafzahlung anfallen würde. Vielmehr wäre zu erwarten, dass bei einem negativen Einlagenzins wieder Geld am Geldmarkt investiert würde oder für die Kreditvergabe vorgehalten würde. Für die Sparer wäre ein negativer Einlagenzins wiederum uninteressant, denn auch sie hätten für angelegte Gelder einen Strafzins zu zahlen. So könnte der Konsum kurzfristig angekurbelt werden, die angesparten Rücklagen würden voraussichtlich in die Nachfrage nach Konsumgütern fließen.

Allerdings sind die Folgen eines negativen Einlagenzinses kaum zu kalkulieren. Ob Politik und EZB diesen unsicheren Weg einschlagen, bleibt abzuwarten. Anders als bei positiven Einlagenzinsen, die die Sparneigung von Geschäftsbanken und von privaten Anlegern aufgrund von Zinsgewinnen ankurbeln könnten, sind die Konsequenzen negativer Einlagenzinsen auch für Wirtschafts- und Finanzexperten kaum zu prognostizieren. Deshalb ist dieses Instrument allenfalls vorsichtig einzusetzen.

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Hier schreibt Mischa Berg

Mischa Berg ist Herausgeber von Bankenvergleich.de und veröffentlicht seit 2007 News und Kommentare zur Geldanlage in Tagesgeld und Festgeld. Mischa Berg ist auch auf Google+ und Facebook aktiv.
Kategorie: Festgeld, Kredit, Tagesgeld

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