Bundesrat will Banken zur Einrichtung von Guthabenkonten verpflichten
Nach aktuellen Erhebungen leben allein in Deutschland bis zu einer Million Menschen ohne ein Girokonto. In der Regel sind es negative Einträge bei der Schufa oder eine Privatinsolvenz, die zu einer Ablehnung des Kontoantrags führen. Die Folgen für die Betroffenen im Alltag sind sehr weitreichend, weil nach Ansicht der Länderkammer ein bargeldloser Zahlungsverkehr im 21. Jahrhundert so selbstverständlich und unabdingbar sei wie Telefon und Internet.
Um dem Problem Herr zu werden, hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der es jedem Bürger ermöglichen soll, zumindest ein Girokonto mit eingeschränkten Funktionen einzurichten. Dem Gesetzesentwurf liegen mehrere Ansätze ähnlicher Art zugrunde. So haben beispielsweise die kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände bereits 1995 Empfehlungen für das „Girokonto für jedermann“ erarbeitet.
Anlauf zu einem neuen Gesetzentwurf
Der Gesetzentwurf vom 10.07.2013 mit der Bezeichnung „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Anspruchs auf Einrichtung eines Girokontos auf Guthabenbasis (GiroGuBaG)“ sieht vor, das jeweilige Girokonto als sogenanntes Guthabenkonto zu führen. Herkömmliche Girokonten können – ungeachtet eines eventuellen Dispositionskredits – auch kurzzeitig überzogen werden. Die Banken und Kreditinstitute lassen sich diesen Service mit den Überziehungszinsen oftmals teuer bezahlen. Ein Guthabenkonto ist eine Art „Girokonto light“. Der gesamte Geldverkehr (Abhebungen, Überweisungen, Daueraufträge etc.) muss sich innerhalb des vorhandenen Guthabens bewegen; ein kurzzeitiges Überziehen ist nicht möglich.
Der im Bundesrat vorgelegte Gesetzentwurf (17/14363) hätte weitreichende Auswirkungen. So würden die Banken, Sparkassen und Kreditinstitute zur Einrichtung eines Guthabenkontos per Gesetz verpflichtet werden. Der dadurch entstehende Mehraufwand soll teilweise durch „angemessene“ monatliche Kontoführungsgebühren ausgeglichen werden. Naturgemäß sind die Banken und Sparkassen wegen möglicher Mehrkosten nicht gerade begeistert von dem Gesetzentwurf. Ein anderer Bereich, den das Guthabenkonto tangiert, ist das Diskriminierungsverbot. Mit dem Gesetz wären ein bargeldloser Zahlungsverkehr sowie die „angemessene Teilnahme am Wirtschafts- und Geschäftsleben“ nicht mehr abhängig von vorhandenem Vermögen, von der Finanzlage oder von Art, Höhe und Rhythmus der Einkünfte. Und schließlich würde der Ländervorstoß auch eine Abänderung des Bürgerlichen Gesetzbuches erforderlich machen, weil die dort enthaltenen Punkte „Geschäftsbesorgungsvertrag/Zahlungsdienste/Kontrahierungszwang bei Guthabenkonten“ (§§ 662 – 676c) modifiziert werden müssten. Der Gesetzentwurf sieht aber natürlich auch Ausnahmen vor. Verschiedene Umstände würden es den Banken erlauben, Antragstellern selbst ein Guthabenkoto zu verweigern. Zu den Ablehnungsgründen zählen beispielsweise wissentlich falsche Angaben oder ein fehlendes Guthaben über mehr als sechs Monate hinweg.
Richtlinie der EU-Kommission zum Guthabenkonto
Überraschenderweise stand die Bundesregierung dem Thema „Guthabenkonto“ und dem Gesetzesentwurf der Länderkammer sehr aufgeschlossen gegenüber. Einig war man sich darüber, dass „…Bürger ohne ein Konto stärker als früher vom Wirtschaftsleben ausgeschlossen sind“.
Auch mit dem definierten Ziel, „…allen Bürgern schnell, einfach und auf praktikable Weise die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen“, ging die Bundesregierung konform. Dennoch wurde der Gesetzentwurf für das Guthabenkonto nach kurzer Beratung im Bundestag abgelehnt. Hauptgrund dafür war eine inzwischen vorliegende Richtlinie der EU-Kommission gleichen Inhalts. Auch das Brüsseler Papier verfolge das Ziel, jedem rechtmäßigen Bürger der EU einen Rechtsanspruch auf ein Guthabenkonto mit angemessenen Gebühren zu sichern. Ein Alleingang des Bundes oder einzelner Länder sei wegen der Bemühungen der EU-Kommission derzeit wenig aussichtsreich. Vielmehr wollte der Bundestag zunächst den Ausgang der Brüsseler Initiative abwarten, um dann ggf. auf Bundesebene eigene Regelungen zum Guthabenkonto zu ergänzen. Außerdem hätten sich alle deutschen Sparkassen beinahe flächendeckend im Herbst 2012 dazu verpflichtet, ein Guthabenkonto einzurichten.
Im Bundesrat traf die Ablehnung nur auf wenig Gegenliebe. Insbesondere die Tatsache, dass bis zu einer Entscheidung in Brüssel die deutschen Verbraucher ohne Konto allein gelassen würden, wurde von den Ländern als unvertretbar angesehen.
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