Crowdinvesting – der Ausweg aus dem Niedrigzins?
Angesichts des derzeit sehr niedrigen Zinsniveaus am Kapitalmarkt suchen Kapitalanleger nach alternativen Anlagemöglichkeiten, die höhere Erträge versprechen. Als neue Form der Kapitalanlage hat sich das Crowdinvesting entwickelt, bei dem sich Kapitalanleger als Teil einer Anlegergruppe („Crowd“) insbesondere an der Finanzierung neugegründeter Unternehmen („Start-ups“) beteiligen. Entwickelt sich das Unternehmen positiv, so sind hohe Renditen möglich.
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Wie funktioniert Crowdinvesting grundsätzlich?
Beim Crowdinvesting sammelt ein Unternehmen Kapital von einer Vielzahl kleiner und kleinster Anleger ein, um den Start eines Unternehmens oder bestimmte Unternehmensprojekte zu finanzieren. Wegen der großen Anzahl kleiner und kleinster Anleger (Crowd) wird auch von „Schwarmfinanzierung“ gesprochen. Damit unterscheidet sich Crowdinvesting von einem „Business Angel“, bei dem es sich um einen einzelnen Kapitalgeber handelt, der in ein Start-up-Unternehmen investiert.
Wie erfolgt die Sammlung des Investitionskapitals?
Die Vermittlung zwischen dem nach einer Finanzierung suchenden Unternehmen und den potenziellen Anlegern erfolgt über spezielle Internet-Plattformen, auf denen Unternehmen ihre Projekte darstellen und um Investoren werben.
Dabei wird regelmäßig eine Mindestinvestitionssumme (auch „Fundingschwelle“) festgelegt, bei deren Erreichen das Investitionsvorhaben eingeleitet werden kann. Der maximale Betrag, den ein Start-up-Unternehmen von Kapitalanlegern innerhalb einer festgelegten Zeichnungsfrist einzusammeln bereit ist, wird „Fundinglimit“ genannt. Kapitalanlager, die ein bestimmtes Finanzierungsangebot überzeugt, können sich meistens bereits ab kleinen Anlagebeträgen (z. B. ab 250 Euro) am Crowdinvesting beteiligen.
Die möglichen Anlageformen beim Crowdinvesting
Die Kapitalanlage findet beim Crowdinvesting häufig in Form einer stillen Beteiligung statt, doch vermitteln einige Crowdinvesting-Plattformen auch Genussrechte und sogenannte „partiarische Darlehen“.
• Bei einer stillen Beteiligung tritt der Investor nach außen nicht als Gesellschafter des Unternehmens in Erscheinung. Die „typische stille Beteiligung“ beinhaltet ein Recht auf eine festgelegte Quote am Unternehmensgewinn, jedoch keine Mitspracherechte. Liegt eine „atypische stille Beteiligung“ vor, so nimmt der Investor gewöhnlich an der Entwicklung des Unternehmenswertes teil. Außerdem verfügt der atypische stille Gesellschafter in der Regel über gewisse Kontrollrechte und Mitsprachemöglichkeiten.
• Genussrechte sind Unternehmensbeteiligungen, die am Gewinn und Verlust eines Unternehmens teilnehmen. Ein Stimmrecht ist mit Genussrechten („Genussscheinen“) nicht verbunden. Im Falle einer Insolvenz des finanzierten Unternehmens erfolgt die Rückzahlung des Genussrechtkapitals erst nach Befriedigung der übrigen Unternehmensgläubiger. In den jeweiligen Genussrechtbedingungen wird die genaue Ausgestaltung eines Genussrechtes geregelt.
• Ein partiarisches Darlehen ist eine Sonderform des Darlehens, bei der der Investor – anders als bei einer stillen Beteiligung – nicht am Unternehmen und daher auch nicht an einem eventuellen Verlust beteiligt ist und auch keiner Nachhaftung (nach Beendigung des Darlehens) unterliegt. Die Verzinsung eines partiarischen Darlehens erfolgt meist als Umsatz- oder Gewinnbeteiligung.
Was hat zur Entstehung des Crowdinvesting geführt?
Auslöser für die Entwicklung des Crowdinvesting war die Suche von Kapitalanlegern nach interessanten Verzinsungen. Viele der herkömmlichen Anlageformen werfen in der derzeitigen Niedrigzinsphase kaum noch attraktive Renditen ab, die häufig noch nicht einmal die inflationsbedingte Geldentwertung abdecken. Zudem ermöglicht Crowdinvesting eine ggf. ertragreiche Unternehmensbeteiligung bereits mit kleinen Investitionsbeträgen. Bei anhaltend niedrigen Zinsen wird dem Crowdinvesting erhebliches Wachstumspotenzial zugesprochen.
Vorläufer des Crowdinvesting war das „Crowdfunding“, bei dem es ursprünglich um das Einsammeln von Spenden für karitative und kulturelle Zwecke ging. Heute werden die Begriffe Crowdinvesting und Crowdfunding weitgehend synonym verwendet.
Im Jahr 2009 wurde das erste Crowdinvesting-Projekt von der Internet-Plattform „ProFunder“ abgewickelt. Dabei handelte es sich um das Projekt einer schottischen Brauerei, die mit dem Kapital von nahezu 6.000 Investoren aus über 30 Ländern eine CO2-freundliche Produktionsanlage finanzierte. Seit der Gründung der Vermittlungsplattform „Seedmatch“ im Jahr 2010 wird Crowdinvesting auch in Deutschland angeboten.
Welche Renditechancen und Risiken sind mit Crowdinvesting verbunden?
Der Crowdinvestor ist am Gewinn des Beteiligungsunternehmens und eventuell auch an dessen Wertsteigerung beteiligt. Im Erfolgsfall kann der Anleger mit hohen Renditen rechnen. Kommt es hingegen zu einer ungünstigen Geschäftsentwicklung des Start-up-Unternehmens, so ist auch ein Totalverlust möglich.
Höhere Renditechancen sind stets mit höheren Gefahren für das eingesetzte Kapital verbunden. Besondere Risiken bergen Unternehmensneugründungen, deren noch ungefestigte Geschäftsmodelle sich noch in der Erprobungsphase befinden. Seedmatch, der deutsche Marktführer unter den Crowdinvesting-Plattformen bewertet Start-up-Investments als „hochriskant“. Daher wird die Zusammenstellung eines Anlageportfolios aus verschiedenen Unternehmensbeteiligungen empfohlen, um eine Risikostreuung zu erreichen.
Wo finde ich Crowdinvesting-Angebote?
Derzeit vermitteln in Deutschland etwa zwanzig Internetplattformen Crowdinvesting-Angebote. Der deutsche Marktführer Seedmatch (www.seedmatch.de) hat bisher ein Investitionsvolumen von 11,7 Millionen Euro für 57 Start-up-Projekte vermittelt. Über den Mitbewerber Companisto (www.companisto.de) wurden bislang 27 Start-up-Vorhaben im Volumen von 4,7 Millionen Euro finanziert (Stand jeweils Mitte März 2014).
Ist Crowdinvesting eine Alternative zu gängigen Formen der Geldanlage?
Wegen der mit einem Crowdinvesting verbundenen hohen Risiken ist von einer generellen Umschichtung aus traditionellen Anlagen (trotz derzeit meistens geringer Verzinsung) in Unternehmensbeteiligungen abzuraten. Die wirtschaftliche Existenz des Kapitalanlegers darf für den Fall einer durchaus vorstellbaren Insolvenz des Beteiligungsunternehmens nicht gefährdet werden. Der Investor muss also außerhalb seiner Unternehmensbeteiligungen über eine ausreichend sichere Einkommens- und Vermögenssituation verfügen.
Crowdinvestments kommen daher allenfalls als Beimischung innerhalb eines Gesamtvermögens und auch nur dann in Betracht, wenn der Anleger das Geschäftsmodell des Beteiligungsunternehmens gut versteht. Zudem muss der Investor bereit sein, trotz zumeist nicht vorhandener Mitbestimmungsrechte das volle unternehmerische Risiko (auch eines Totalverlustes) zu tragen.
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