Gemeinschaftskonto oder Vollmacht – was ist zweckmäßiger?
Kontoinhaber und Bevollmächtigte sind mit weitreichenden Verfügungsrechten über ein Konto ausgestattet. Vor der Errichtung eines Gemeinschaftskontos oder der Einräumung einer Vollmacht sollten jedoch die rechtlichen und praktischen Unterschiede genau bedacht werden.
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Abgrenzung von Gemeinschaftskonto und Vollmacht
Kontoinhaber sind Gläubiger oder Schuldner einer Bank und Träger von Rechten und Pflichten aus dem Kontovertrag. Ein Einzelkonto ist ein Bankkonto mit nur einem Kontoinhaber. Bei einem Gemeinschaftskonto sind mehrere Personen Kontoinhaber.
Mit einer ausdrücklich erteilten Kontovollmacht kann ein Kontoinhaber einem Bevollmächtigten eine Vertretungsbefugnis erteilen. Der Bevollmächtigte ist Stellvertreter des Kontoinhabers im Sinne der §§ 164ff BGB. Im Namen des Kontoinhabers abgegebene Willenserklärungen des Bevollmächtigten führen zu Verpflichtungen und Berechtigungen des Kontoinhabers. Der Bevollmächtigte handelt immer auf Rechnung des Kontoinhabers, während die Kontoinhaber eines Gemeinschaftskontos auf eigene Rechnung agieren.
Eine Kontovollmacht ermöglicht unbeschränkte Verfügungsmöglichkeiten über die Kontoguthaben und die Inanspruchnahme eingeräumter Kredite. Außerdem ist der Bevollmächtigte zur Entgegennahme von Kontoauszügen und Bankabrechnungen berechtigt. Auch ein Saldoanerkenntnis darf der Bevollmächtigte durchführen.
Anders als ein Kontoinhaber darf ein Bevollmächtigter jedoch grundsätzlich keine Untervollmachten erteilen, weitere Konten eröffnen, Kredit- oder Kontokündigungen aussprechen oder entgegennehmen, Kontoumschreibungen durchführen, Kreditsicherheiten bestellen oder zurücknehmen, Kreditkarten beantragen sowie Verwahrverträge und Schließfachverträge abschließen.
Mehrere Bevollmächtigte können vom Kontoinhaber Einzelvollmachten („A-Vollmacht“) oder (gemeinschaftliches Handeln von Bevollmächtigten erfordernde) „B-Vollmachten“ erhalten.
Welche Konten können als Gemeinschaftskonto geführt werden?
Gemeinschaftskonten werden z. B. von Eheleuten, Lebenspartnerschaften, Lebensgemeinschaften und Wohngemeinschaften sowie von Vereinen und Unternehmen genutzt.
Als Gemeinschaftskonto können Zahlungsverkehrs-, Einlagen- und Kreditkonten sowie Wertpapierdepots geführt werden.
Welche Vor- und Nachteile weisen Gemeinschaftskonto und Vollmacht auf?
Gestaltung der Verfügungsberechtigung
o Auf der Basis eines guten Vertrauensverhältnisses ermöglicht ein Gemeinschaftskonto eine partnerschaftliche Verwaltung von Zahlungsverkehr, Krediten und Vermögen.
o Wenn eine gemeinsame Verwaltung von Vermögen und Schulden einschließlich eines gemeinschaftlichen Eigentums jedes Kontoinhabers nicht gewünscht ist, kommt ein Gemeinschaftskonto nicht in Betracht.
o Der Kontoinhaber eines Einzelkontos kann dem Bevollmächtigten die Vollmacht bei Bedarf entziehen, was bei einem Gemeinschaftskonto nicht möglich ist.
Steuerliche Aspekte
o Jedem Kontoinhaber werden bei einem Gemeinschaftskonto die anfallenden Zins- oder Wertpapiererträge anteilig zugerechnet.
o Wenn einer der Kontoinhaber aus Vermögenswerten, die sich in seinem Alleineigentum befinden, eine Überweisung auf das Gemeinschaftskonto tätigt, so kann dies nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs als anteilige Schenkung an den anderen Kontoinhaber bewertet werden und damit (bei Übersteigen der jeweiligen Freibeträge) eine Schenkungssteuerpflicht auslösen, wenn es Anhaltspunkte für den Willen zur Begründung gemeinschaftlichen Eigentums am übertragenen Vermögensgegenstand gibt.
o Die steuerlichen Auswirkungen eines Einzel- oder Gemeinschaftskontos sollten also vor der Kontoeröffnung bzw. vor Durchführung einzelner Transaktionen (ggf. unter Einschaltung eines Steuerberaters) bedacht werden.
Einlagensicherung
o Gemäß § 3 Absatz 1 und § 4 Absatz 2 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) haben Kontoinhaber bei Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstitutes (Entschädigungsfall gemäß § 1 Absatz 5 EAEG) einen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von bis zu 100.000 Euro ihrer Einlagen gegen die „Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH“, die von allen Banken mit Einlagengeschäft getragen wird. Zu den entschädigungsfähigen Einlagen zählen Kontoguthaben, nicht aber Wertpapiere. § 4 Absatz 5 EAEG bestimmt, dass bei Gemeinschaftskonten jedem einzelnen der Kontoinhaber die maximale Entschädigungssumme von 100.000 Euro zusteht.
o Vom EAEG-Entschädigungsverfahren unberührt bleibt ein Entschädigungsanspruch gegen die von verschiedenen Bankengruppen eingerichteten Einlagensicherungsfonds, die weit höhere Entschädigungsleistungen vorsehen.
Keine Kontonutzung auf Rechnung des Bevollmächtigten
o Bankkonten dürfen nur für Zwecke des Kontoinhabers, nicht aber für Geschäfte auf Rechnung eines Bevollmächtigten genutzt werden. Zwecks Unterbindung von Geldwäsche müssen Gutschriften auf den Namen des Kontoinhabers erfolgen und dürfen nicht auf den Bevollmächtigten lauten. Geldwäsche bedeutet Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögensgegenstände und ist nach § 261 Strafgesetzbuch strafbar.
Gemeinschaftskonto als Oder-Konto oder als Und-Konto führen?
Gemeinschaftskonten können als „Und-Konto“ oder als „Oder-Konto“ geführt werden. Bei einem Und-Konto dürfen Kontoverfügungen nur durch alle Kontoinhaber gemeinsam erfolgen, erfordern also der Zustimmung aller Kontoinhaber. Hat jeder der Kontoinhaber eine Einzelverfügungsberechtigung, so handelt es sich um ein Oderkonto.
• Ein Oder-Konto ermöglicht eine einfache Handhabung der Kontoführung, setzt aber großes Vertrauen in die übrigen Kontoinhaber voraus.
• Ein Und-Konto gewährleistet durch Einbeziehung jedes Kontoinhabers in jede Transaktion größtmögliche Sicherheit, führt aber bei einer hohen Zahl von Bankgeschäften zu einem erheblichen Mehraufwand für jeden Kontoinhaber und kann Bankgeschäfte deutlich verzögern.
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