Gastbeitrag
Gibt es eine Inflationsgefahr?
Neben Pest und Bolschewismus ist die Inflation eine der gesellschaftlichen Erscheinungen, die besonders in Europa sehr angstbesetzt ist. Was den Europäern die Inflation, ist den Amerikanern die Deflation. Sie beide sind wirtschaftliche Ereignisse, die in der Überlieferung der Vorfahren eine unvergleichbare Ausweglosigkeit darstellten. Vor den Bomben der Kriege konnte man in Luftschutzkeller flüchten.
Inflation und Deflation in der historischen Betrachtung
Inflation und Deflation aber brachen über die Menschen herein wie Seuchen, deren Erreger man nicht erkennen konnte. In Europa verursachte die Inflation besonders im Deutschland des Jahres 1923 ein unvorstellbares Elend, das nach dem Weltkrieg und der spanischen Grippe in der Form des Hungertodes Teile der Bevölkerung dahinraffte. Der Lohn eines Arbeitstages reichte abends nicht mehr aus, um den Lebensunterhalt sicherstellen zu können. Waren die Preissteigerungen in den Milliarden-Prozentwerten des Jahres 1923 in der Tat lebensbedrohlich, so war die Angst vor einem Preisanstieg auf etwa vier Prozent, wie er noch kurz vor der Eurokrise von den Experten vorausgesagt worden war, vollkommen irrational angesichts der wirklichen Verhältnisse. Dennoch versetzt kaum ein anderer Begriff den deutschen Bürger mehr in Angst und Schrecken als die Inflation. Denn durch sie sieht er sein Geld und damit seinen Lebensstandard bedroht.
Führt die Ausweitung der Geldmenge tatsächlich zwangsläufig zu Inflation?

Deutschland im Jahr 1923. Aufgrund der starken Geldentwertung gibt die Reichsbank extrem hohe Banknoten aus.
Während der Rubelwert sank, obwohl die Geldmengen kaum stiegen, treiben Dollar, Euro und Yen nicht in die Inflation, obwohl gerade deren Notenbanken seit der Wirtschaftskrise von 2008 die Bilanzen gewaltig ausgeweitet hatten. Hätte also nach den herrschenden Theorie der Rubel gar nicht ansteigen dürfen, so hätten Dollar, Euro und Yen ansteigen müssen. Die Wirklichkeit aber sieht anders aus. Denn trotz dieser angeschwollenen Geldmengen steigen die Inflationsraten kaum. Sie sinken sogar in ihrer Tendenz. Um der Gefahr der Deflation zu entrinnen, versucht die Bank of Japan seit über 20 Jahren durch die Flutung der Märkte mit Geld die Inflation auf den gewünschten Wert von 2% anzuheben. Unzählige Konjunkturprogramme und der Kauf eigener Staatsanleihen haben nicht zum Erfolg geführt. Die japanische Inflation dümpelt dahin bei Werten um die Nulllinie. Aber auch die „dicke Berta“ der EZB und ihr unlängst aufgelegtes Programm zum Ankauf europäischer Staatsanleihen im Umfang von etwa einer Billion Euro haben bisher nicht zu einem nachhaltigen Anstieg der Preise geführt. Ähnlich erging es dem Anleihen-Kaufprogramm der USA, bekannt unter Quantitive Easing. Die Inflationsraten steigen im Gegensatz zu den Lehrsätzen der herrschenden Wirtschaftswissenschaften nicht oder nicht so stark, wie es nach den Lehrsätzen zu erwarten wäre. Was also ist falsch, die Wirklichkeit oder die Theorie?
Theorie und Wirklichkeit
Die Antwort ist einfach. Wenn Theorie und Wirklichkeit auseinander gehen, ist immer die Theorie falsch. Denn die Wirklichkeit kann nicht irren, man kann sie nur falsch deuten. Auch die Erde war immer eine Kugel und immer nur ein unbedeutendes Sandkorn in den Weiten der Galaxien, wenn man auch Jahrhunderte lang Hinweise zu sehen glaubte, die anderen Ansichten recht zu geben schienen. Und es fanden sich immer wieder auch Wissenschaftler, deren Theorien „bewiesen“, dass sie platt war und der Mittelpunkt des Universums.
Ähnlich ist es mit der Inflation. Auch die Theorien der herrschenden Wirtschaftswissenschaften schienen, oberflächlich betrachtet, richtig zu sein, aber nur oberflächlich. Die tieferen wirtschaftlichen, aber auch gesellschaftlichen Triebkräfte der Inflation sind bisher nicht so herausgearbeitet worden, dass widerspruchslos erklärt werden könnte, weshalb die gestiegenen Geldmengen in der Weimarer Republik und Zimbabwe in die Inflation treiben, im Falle von Dollar, Euro und Yen aber gerade die gegenteilige Erscheinung hervorbringt, nämlich eine deflationäre Tendenz.
Wie funktioniert Geld?
Dementsprechend sind auch die Vertreter der bisherigen Inflationstheorien verstummt. Ihre Erklärungen der Inflation waren nur scheinbar richtig wie auch die Erklärungen über die Gestalt der Erde. Wenn aber so wesentliche Erscheinungen des Geldes wie Inflation und Deflation oder aber auch die Grundlagen von Zins und Verschuldung und die Schöpfung des Geldes selbst nicht hinreichend und widerspruchslos erklärt werden können, so stellt sich die Frage, ob das Funktionieren des Geldes nicht ebenso falsch gesehen und verstanden wird wie seinerzeit die Bewegung von Erde und Sonne umeinander. Wie aber funktioniert Geld dann wirklich?
Dieser Frage geht der Autor nach in seinem neu erschienenen Buch „Wie funktioniert Geld?“, erhältlich bei Amazon als Kindle-Ausgabe und Taschenbuch.
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